Zunehmende Bedeutung des Vitamin D Status in der Schwangerschaft

Vitamin-D-Supplementation bei Schwangeren

Unbestritten ist die wichtige Rolle von
Vitamin D in der fetalen Entwicklung.
Dieser Artikel fasst die Grundlagen
der aktuellen Einnahmeempfehlung
von Vitamin D für Schwangere (RDA =
Recommended Daily Intake: 200
IE/Tag) zusammen und diskutiert die
Wirksamkeit dieser Empfehlung am
Anstieg der im Blut gemessenen Vitamin-
D-Spiegel (25-Hydroxyvitamin
D). 25-Hydroxyvitamin D im Serum ist
die Summe des über UVB-Licht gewonnenen,
hauteigenen produzierten Vitamin D
(geringe natürliche Quellen) und Supplemente
eingenommenen Vitamin D.3 und des über Nahrungsmittel

Heike Bischoff-Ferrari

Höhere 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel
waren in verschiedenen Untersuchungen
mit einem grösseren Geburtsgewicht
und einer besseren Kochenentwicklung der Neugeborenen
verbunden. Gleichzeitig zeigt sich
in zahlreichen Studien weltweit ein
weitverbreiteter Vitamin-D-Mangel bei
Schwangeren, selbst unter der Einnahme
pränataler Multivitaminprodukte.
Letztendlich sichert die Vitamin-D Versorgung
der Mutter die perinatale
Vitamin-D-Versorgung des Neugeborenen.
Bei Vitamin-D-unterversorgten
Müttern ist der Vitamin-D-Spiegel im
Nabelschnurblut kaum messbar. Ausserdem
können Vitamin-D-unterversorgte
stillende Mütter nur unzureichende
Mengen Vitamin D für das
Neugeborene in der Muttermilch bereitstellen
Warum eine bessere Vitamin-D-Versorgung
in der Schwangerschaft wichtig ist
Eine verminderte maternale Vitamin-
D-Zufuhr zeigt in verschiedenen
Studien eine direkte Korrelation mit
einem verminderten Geburtsgewicht
sowie erhöhtem Rachitisrisiko des
Neugeborenen (1, 2). Hinsichtlich
mütterlicher Gesundheit fand sich in
einer prospektiven Untersuchung bei
Schwangeren ein signifikanter Trend
zwischen verminderten Serum-25-
Hydroxyvitamin-D-Spiegeln in der 22.
Schwangerschaftswoche und dem Risiko
eine Präeklampsie (1). Zudem
wiesen die Neugeborenen, deren Mütter
eine Präeklampsie erlitten hatten,
ein 2,2-fach erhöhtes Risiko für einen
schweren Vitamin-D-Mangel auf. Unabhängig
von den wichtigen Kalziummetabolismus-
assoziierten ossären
Wirkungen von Vitamin D, sind potenzielle
weitere Wirkungen von Vitamin
D auf das Immunsystem von Bedeutung.
Diesbezüglich zeigte sich eine
verminderte Inzidenz an Autoimmunkrankheiten
bei Kindern, deren Mütter
während der Schwangerschaft besser
mit Vitamin D versorgt waren (z.B.
Asthma [2]; Typ-I-Diabetes [3]). Zusätzlich
wird diskutiert, inwieweit eine
höhere perinatale Vitamin-D-Exposition
chronische Erkrankungen im Erwachsenenalter
vorbeugen hilft («Imprinting)

[ ..............................]

200 IE Vitamin D pro Tag bei

Schwangeren sind mit einem minimalen

oder keinem Anstieg des 25-Hydroxyvitamin-

D-Spiegels verbunden (10),

was insbesondere schwerwiegend ist,

wenn bereits ein Vitamin-D-Mangel besteht.

In einer US-amerikanischen Untersuchung
bei Schwangeren und ihren
Neugeborenen zeigte sich bei 90 Prozent
der Schwangeren (11) ein hoher
Anteil an Vitamin-D-Unterversorgung(Abbildung)
pränatalen Multivitaminprodukts mit
mindestens 200 IE Vitamin D pro Tag.
Inadäquate 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel
(< 80 nmol/l) hatten 47 Prozent
der weissen Schwangeren, 66 Prozent
der weissen Neugeborenen, 83 Prozent
der schwarzen Schwangeren und 92 Prozent der schwarzen Neugeborenen.
In den letzten Jahren nehmen Fallberichte
von Neugeborenenrachitis, insbesondere
bei überwiegend gestillten
Säuglingen schwarzer Mütter, zu (12).
Eine dunklere Hautpigmentierung
führt zu einer deutlich verminderten
hauteigenen Vitamin-D-Produktion,
was zu ausgeprägten Vitamin-D-Mangelzuständen,
vor allen in nördlichen
Breitengraden führen kann (13, 14).

Dunkelhäutige Schwangere und Neugeborene

in der Schweiz tragen somit ein besonders

hohes Risiko für eine Vitamin-D Unterversorgung.

Wichtig ist in diesem
Zusammenhang, dass natürliche
Nahrungsmittel sehr wenig Vitamin D
bereitstellen. Einzig fetter Fisch wie
Lachs enthält grössere Mengen, die
zwischen 240 und 400 IE pro Portion
liegen (15).

Es wurden verschiedene Interventionsstudien
mit Vitamin D bei Schwangeren durchgeführt

eine Dosierung mit 1000 IE Vitamin D
täglich war in diesen Studien nicht ausreichend, um den 25-Hydroxyvitamin-
D-Mittelwert auf 80 nmol/l anzuheben.
Hingegen scheinen 2000 IE/Tag
eine mögliche adäquate Dosierung,
um diesen Zielwert zu erreichen.
2000 IE/Tag sind das von der Academy of
Science definierte «safe upper limit»
(5). Derzeit findet eine vom NIH unterstützte
US-amerikanische Interventionsstudie unter der Leitung von Dr.
Bruce Hollis statt, in der die Einnahme von 4000 IE Vitamin D pro Tag bei
Schwangeren untersucht wird. Anhand der
dass bei Schwangeren oder Stillenden
200 IE Vitamin D pro Tag wenig bis
keine Veränderung des 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegels bewirkt, was konsistent
ist mit den Querschnittsdaten in
der (Tabelle). Selbst Tabelle muss angenommen werden,
dass die heutige Empfehlung von 200 IE Vitamin D bei Schwangeren nicht
ausreicht, um die Serum-25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel signifikant anzuheben.
Gleichzeitig weisen verschiedene wissenschaftliche Arbeiten darauf hin,
wie wichtig eine höhere Vitamin-D-Einnahme beziehungsweise ein höherer
25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel hinsichtlich der Gesundheit der Schwangeren
und insbesondere des Neugeborenen ist.

Eine Revision der Einnahmeempfehlung ist daher essenziell und wird
international diskutiert. Inzwischen liegen verschiedene Interventionsstudien
vor, die zeigen, dass 1000 bis 2000 IE Vitamin D in der Schwangerschaft
die 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel in der Schwangerschaft sicher anheben
können. Aufgrund des weitverbreiteten Vitamin-D-Mangels bei Schwangeren
ist eine Bestimmung des 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegels zu Beginn
einer Schwangerschaft sinnvoll.

Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Heike Bischoff-Ferrari, MPH
Oberärztin und Leiterin Klinische Forschung

Abteilung Rheumatologie und Institut für Physikalische
Medizin
UniversitätsSpital Zürich Gloriastr. 25, 8091 Zürich

Tabelle:

Vitamin-D-Dosierungen
Interventionsstudien bei Schwangeren/Stillenden

Low maternal vitamin D status and fetal bone development: cohort study.

Mahon P, Harvey N, Crozier S, Inskip H, Robinson S, Arden N, Swaminathan R, Cooper C, Godfrey K; SWS Study Group.

MRC Epidemiology Resource Centre, University of Southampton and NIHR Nutrition Biomedical Research Unit, Southampton General Hospital, Tremona Road, Southampton, Hampshire, United Kingdom.

Comment in: J Bone Miner Res. 2010 Jan;25(1):11-3.

Abstract

Recent findings suggest that maternal vitamin D insufficiency during pregnancy has consequences for the offspring's bone health in later life. To investigate whether maternal vitamin D insufficiency affects fetal femur growth in ways similar to those seen in childhood rickets and study the timing during gestation of any effect of maternal vitamin D status, we studied 424 pregnant women within a prospective longitudinal study of maternal nutrition and lifestyle before and during pregnancy (Southampton Women's Survey). Using high-resolution 3D ultrasound, we measured fetal femur length and distal metaphyseal cross-sectional area, together with the ratio of femoral metaphyseal cross-sectional area to femur length (femoral splaying index). Lower maternal 25-hydroxyvitamin vitamin D concentration was not related to fetal femur length but was associated with greater femoral metaphyseal cross-sectional area and a higher femoral splaying index at 19 weeks' gestation [r = -0.16, 95% confidence interval (CI) -0.25 to -0.06 and r = -0.17, 95% CI -0.26 to -0.07, respectively] and at 34 weeks' gestation (r = -0.10, 95% CI -0.20 to 0.00 and r = -0.11, 95% CI -0.21 to -0.01, respectively). Three groups of women were identified with 25-hydroxyvitamin vitamin D concentrations that were sufficient/borderline (> 50 nmol/L, 63.4%), insufficient (25 to 50 nmol/L, 30.7%), and deficient (<. or = 25 nmol/L, 5.9%). Across these groups, the geometric mean femoral splaying indices at 19 weeks' gestation increased from 0.074 (sufficient/borderline) to 0.078 (insufficient) and 0.084 (deficient). Our observations suggest that maternal vitamin D insufficiency can influence fetal femoral development as early as 19 weeks' gestation. This suggests that measures to improve maternal vitamin D status should be instituted in early pregnancy.2010 American Society for Bone and Mineral Research