Der Kreislauf des Vitamin D Hormons -

redigiert von Dr. med. Giovanni Ruffo, Zürich  23.10.2010

wichtige Quelle mit vielen schönen Grafiken: www.dge.de 

B i l d u n g   d e s   V i t a m i n   D- H o r m o n s   i n   d e r   H a u t
Cholecalciferol (Vitamin D3), kurz Calciol, ist das physiologisch im Menschen vorkommende Vitamin D und ist an vielen zentralen Körperfunktionen beteiligt. Es wird aus 7-Dehydrocholesterin synthetisiert. Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich nicht um ein Vitamin, sondern um ein Steroidhormon. Vitamin D Hormon wird durch Sonneneinstrahlung (UV-B-Licht) in der Haut produziert (80-90%) und gelangt über die Blutbahn in Leber und Niere, wo es aktiviert wird und dann an den Zielorganen seine Wirkungen ausübt.

Bildung der inaktiven Vorstufen: In der Haut sind die höchsten Konzentrationen von in der Epidermis (v. a. im Stratum spinosum und Stratum basale) vorhanden.

Wichtig: die Haut ist Selbstversorgerin, bezüglich des Vitamin D, sie kann es über Sonnenstrahlung produzieren und auch aktivieren, sie braucht nur den Blutkreislauf für eine optimale O2-Versorgung und den Abtransport der Schlackenstoffe. Aber ohne UV-B Strahlung kann sie dies nicht tun.

A u f n a h m e


Kurzübersicht: Zusätzlich zur Vitamin D3 Produktion über die Haut (80-90%)  werden Vitamin D2 (Ergocalciferol) und Vitamin D3 im Dünndarm aus der Nahrung aufgenommen. Reich an Vitamin D sind vor allem Milchprodukte, Fische und bestimmte Pilze. Vitamin-D-Verbindungen sind fettlöslich und werden deshalb im Blut an ein Transportprotein (Vitamin-D-bindendes Protein - DBP) gebunden. In der Leber folgt die Umwandlung von Cholecalciferol (Vitamin D3) durch die 25-Hydroxylase in 25-Hydroxy-Vitamin D3 (25-OH-Vitamin D3).

Über die Nahrung zugeführtes Vitamin D wird im Dünndarm von den Chylomikronen aufgenommen und über die Lymphe in die Leber transportiert. Hier wird es gleich wie das von der Haut mittels UV-B gebildete Vitamin D hydroxyliert (Umwandlung in die Speicherform 25-OH Vitamin D). Die Absorptionsrate beträgt durchschnittlich 80 %.

T r a n s p o r t

Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin und kann daher nur an Eiweiße gebunden im Blut transportiert werden. Die Verbindungen Vitamin D2 und D3 werden zu diesem Zwecke vom Vitamin D-bindenden Protein (DBP) aufgenommen.

S p e i c h e r f o r m

In der Leber wird Vitamin D3 am 25. C-Atom hydroxyliert (= Einbau einer Alkohol-Gruppe= d.h. OH-Gruppe in die Ringkonstruktion). Das hierdurch entstehende 25-D3 ist die Hauptform der im Blut zirkulierenden Vitamin D-Verbindungen. Diese Reaktion wird vom Enzym 25-Hydroxylase katalysiert und unterliegt einem so genannten Feedback-Mechanismus.

Die Hydroxylierung wird positiv beeinflusst von der Höhe des Vitamin D3-, vom Parathormonspiegel sowie durch einen niedrigen Phosphatspiegel. Diese stimulieren die 1-alpha-Hydroxylase, welche die Synthese des aktiven Vitamin D vermittelt: 1,25-D3.

1,25-D3 selbst hingegen hemmt den Schritt durch eine gesteigerte Aktivität der 24-Hydroxylase.
Weitere Einflussfaktoren sind Kalzium, Östrogen, Kalzitonin, Glukokortikoide und Wachstumshormone.

Neben der Niere werden auch zunehmend neue Gewebe identifiziert, deren Zellen über eine 1-alpha-Hydroxylase verfügen, und somit 25-D3 selbst zu 1,25-D3 aktivieren können. Zum Beispiel kann die Haut selbst das aktive Vitamin D Hormon herstellen und ist demnach Selbstversorgerin.25-D3- und der 1,25-D3-Konzentration.

Niere:

Hydroxylierung zum 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (1,25-D3)
25-D3 gelangt, gebunden an DBP, in die Niere und wird erneut hydroxyliert. 25-D3 wird dabei entweder durch die 1-alpha-Hydroxylase zu 1,25-D3 aktiviert oder durch die gegensätzlich regulierte 24-Hydroxylase zu 24,25-D3 inaktiviert.

Die Aktivierung zu 1,25-D3 unterliegt einer fein abgestimmten Regulation.Parathormon sowie ein niedriger Phosphatspiegel stimulieren die 1-alpha-Hydroxylase. 1,25-D3 selbst hingegen hemmt den Schritt durch eine gesteigerte Aktivität der 24-Hydroxylase. Weitere Einflussfaktoren sind Kalzium, Östrogen, Kalzitonin, Glukokortikoide und Wachstumshormone.


Transport zu den Zielorganen und Wirkungsweise

Nach dem Transport zu den Zielorganen binden die aktiven Formen an einen spezifischen membranständigen Vitamin D-Rezeptor (VDR). Dieser konnte in fast allen Geweben nachgewiesen werden. Lediglich die Anzahl der Rezeptoren sowie deren Empfindlichkeit für Vitamin D sind gewebespezifisch.

S p e i c h e r
Die Leber ist kein Vitamin D Speicher sondern stellt vor allem die Speicherform 25-OH-D3 her. Zu den wesentlichen Speichergeweben zählen das Fettgewebe sowie die Skelettmuskulatur. Die Freisetzung aus diesen Geweben ist im Vergleich zu anderen Organen bzw. Körperflüssigkeiten wie Leber, Haut, Knochen, Darm oder Blut deutlich langsamer. Es zeigt sich aus Studien, dass das Fettgewebe auch bei Gewichtsabnahmen das Speicher-Vitamin-D3 praktisch nicht mehr frei gibt. Merke: Die Leber dient hierbei in erster Linie der Bildung des 25-OH-D3, der funktionelle 25-OH-D3 Speicher ist die Muskulatur.

A u s s c h e i d u n g

Vitamin D wird fast vollständig über den Stuhl und nur zu 2 bis 4 % über den Urin ausgeschieden. Täglich werden etwa 1 bis 7 µg ausgeschieden, was in etwa der täglichen Synthese über die Haut entspricht. Die über 40 verschiedenen Exkretionsprodukte sind bislang nicht vollständig erfasst. Hauptausscheidungsprodukt ist die Calcitrinsäure sowie Glukuronide und Sulfatester.

Vitamin D- Hormone (= Calciferole)
F u n k t i o n e n   und A u f g a b e n

Die klassischen Wirkungen liegen im Bereich des Knochens, des Magen-Darm-Traktes, der Nebenschilddrüse und der Niere.
Langfristig reguliert Vitamin D die Kalzium- und Phosphathomöostase.
Neuere Untersuchungen zeigten eine Vielzahl weiterer Gewebe, die durch das Hormon beeinflusst werden. Zudem sind weitere noch unbekannte Zielgewebe vorstellbar, da in den meisten Zellen des Körpers bereits Vitamin D-Rezeptoren (in mehr oder minder großer Anzahl) nachgewiesen wurden. Molekularbiologische Grundlage der Vitamin D-Wirkung

1,25-D3 wirkt wie alle Steroidhormone direkt am Zellkern. Nach Bindung an den intrazellulären Vitamin D-Rezeptor (VDR) gelangt der Vitamin-Rezeptor-Komplex in den Zellkern. Dort bindet dieser an die DNA und moduliert die Transkription verschiedener hormonsensitiver Gene.

Knochen  

Das Knochengewebe unterliegt einem ständigen Abbau durch Osteoklasten und Aufbau durch Osteoblasten. Die Regulation dieses als Turnover bezeichneten Prozesses ist ein komplexes Zusammenspiel von 1,25-D3, Parathormon und Blutkalziumspiegel.

Vitamin D erhöht bei niedrigen Blutkalziumspiegeln die Knochenresorption, indem es einerseits die Neubildung von Osteoklasten stimuliert und andererseits die Osteoblasten dazu anregt, einen Resorptionsfaktor zu bilden, der wiederum die Osteoklastentätigkeit fördert. Gleichzeitig fördert 1,25-D3 bei ausreichendem Kalziumstatus die Mineralisierung der Knochen, indem es die intestinale Kalzium- und Phosphataufnahme erhöht und so zur Verfügung stellt. Zudem besitzen Osteoblasten Vitamin D-Rezeptoren, über die das Steroidhormon die Bildung von Osteokalzin, Osteopontin und Typ 1-Kollagen (Bestandteile der extrazellulären Knochenmatrix) stimuliert.
Merke: Die zwei Gesichter des Vitamin D. Die Aufrechterhaltung des korrekten Blutkalzium-Spiegels ist für das Vitamin-D das Wichtigste. Hat es genug Kalzium im Blut, fördert Vitamin D die Knochenmineralisierung - hat es zu wenig Kalzium fördert Vitamin D die Knochenresorption zusammen mit dem Parathormon.  

Dünndarm   
Besonders in den Zellen des oberen Dünndarmabschnitts sind zahlreiche Vitamin D-Rezeptoren lokalisiert. Vitamin D steuert im Dünndarm die Kalzium-und Phosphataufnahme, indem es deren Resorption und Transport durch die Darmwandzellen stimuliert. So führt es zu einer vermehrten Bildung des kalziumbindenden Transportproteins Calbindin.

Niere
In den Nieren hemmt 1,25-D3 in einem negativen Feedback-Mechanismus dessen eigene Aktivierung aus 25-D3. Stattdessen stimuliert es die Hydroxylierung zum inaktiven 24,25-D3 und verhindert so eine Hypervitaminose.

Bei niedrigen Blutkalziumspiegeln stimuliert 1,25-D3 die Kalziumrückresorption in den Nieren. Bei ausreichenden Status beschleunigt es die Kalziumausscheidung. Nebenschilddrüse  

1,25-D3 und Parathormon beeinflussen sich wechselseitig. Während Parathormon die Hydroxylierung und damit die Aktivierung von 1,25-D3 fördert, senkt das aktive Vitamin D3 die Ausschüttung des Parathormons aus der Nebenschilddrüse. Hierdurch wird verhindert, dass der Kalziumspiegel zu sehr in eine Richtung (steigernd oder senkend) stimuliert wird.

Immunsystem Vitamin D und Makrophagen (angeborene Immunität)
Werden Makrophagen durch ein infektiöses Agens (z.B. den Tuberkuloseerreger) aktiviert, steigert dieses Signal die Neubildung von Vitamin D-Rezeptoren in der Zelle. Gleichzeitig stimuliert die Makrophagenaktivierung die Umwandlung von 25-D3 in dessen aktive Form 1,25-D3. Dieses wandert an den Zellkern und initiiert hier die Bildung von antimikrobiell wirkenden Substanzen (Cathelicidinen und Defensinen). Diese wiederum zerstören Infektionserreger.

Vitamin D und Lymphozyten (erworbene Immunität)
Im Gegensatz zu Makrophagen exprimieren T-Zellen nur nach Aktivierung Vitamin D-Rezeptoren. 1,25-D3 beeinflusst nach Bindung an diese Rezeptoren die Funktion der T-Lymphozyten auf unterschiedliche Weise:

verminderte Proliferation der T-Zellen, da die Bildung von Interleukin 2 gehemmt wird, welches normalerweise weitere T-Zellen zur Teilung stimuliert,

Hemmung der Gamma-Interferon-Bildung und

vermehrte Bildung der entzündungshemmenden Interleukine IL-4, IL-10 u. IL-13.

Weiterhin hat 1,25-D3 regulierenden Einfluss auf B-Lymphozyten und deren Immunglobulin-Synthese.

Herz-Kreislauf-System Blutdruck

Der Blutdruck wird durch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System reguliert. Dessen eingeschränkte Wirkung führt zu Bluthochdruck. Der erste und limitierende Schritt dieses Systems ist die Bildung der Protease Renin. In Laborexperimenten konnte ein regulierender Effekt von Vitamin D auf die Reninexpression nachgewiesen werden.

Herz
In Laborexperimenten wurden verschiedene Effekte des Vitamin D auf das kardiovaskuläre System nachgewiesen. So ist es entscheidend am Kalziumstoffwechsel der Herzmuskelzellen beteiligt. Bei der Herzmuskelkontraktion erhöht sich kurzzeitig die Kalziumkonzentration der Zelle und fällt dann wieder ab. Vitamin D ist an der Regulation der Kalziumkonzentration beteiligt.

Weiterhin reguliert Vitamin D die Proliferation (Wachstum) der Herzmuskelzellen.

Bauchspeicheldrüse:

Pankreatische Betazellfunktion

Die Betazellen verfügen sowohl über Vitamin D-Rezeptoren, an die das im Blut zirkulierende aktive 1,25-D3 bindet, wie auch über das Enzym 1-alpha-Hydroxylase.

Die Sekretion von Insulin aus den Betazellen der Bauchspeicheldrüse ist ein kalziumabhängiger Prozess. Vitamin D beeinflusst das Gleichgewicht zwischen extrazellulärem und intrazellulärem Kalziumpool.

Vitamin D und Insulinresistenz
Skelettmuskelzellen verfügen über Vitamin D-Rezeptoren.
In vitro stimulierte das Hormon die Expression des Insulinrezeptors und erhöhte damit die Sensibilität des Zielgewebes auf das Insulinsignal. Vitamin D reguliert weiterhin die Kalziumhomöostase in den Muskelzellen, welche entscheidend für die Weiterleitung des Insulinsignals durch die Zelle ist. Darüberhinaus aktiviert Vitamin D einen Transkriptionsfaktor (peroxisome proliferator activator receptor delta), der in die Regulation des Fettsäurestoffwechsels in Muskel- und Fettzellen involviert ist.

Zentrales Nervensystem
Der Zusammenhang zwischen neurologischen Erkrankungen und einem gestörten Vitamin D Haushalt wird seid einigen Jahren in der Wissenschaft diskutiert. Verschiedene Teile des Gehirns verfügen über Vitamin D-Rezeptoren. Der Kernrezeptor für 1,25-D3 ist sowohl in Neuronen, als auch in Gliazellen lokalisiert.

Vitamin D scheint eine schützende Funktion auf Gehirn- und Nervenzellen auszuüben. Die genauen Wirkungsmechanismen sind noch nicht völlig geklärt. Vermutlich beeinflusst Vitamin D die Myelinisierung der Nervenzellen.